Ich bin nicht so weit, wie ich gern wäre, aber weiter, als ich erwartet habe. Ich habe einige Bücher überflogen, und einige sehr gute Quellen gefunden; meine Suche nach Papern war nicht so erfolgreich, aber da habe ich noch nicht alles gesichtet, was interessant sein könnte. In Lexika habe ich bisher auch Wenig gefunden. Ich habe einige Ideen für kleinere Projekte, und eines davon auch schon angefangen: Eine Online-Photoausstellung zum Thema.

Sascha Seiler: Zwischen Anwesenheit und Abwesenheit. Die Figur des Verschwundenen in der Literatur der Moderne und Postmoderne

nicht nicht, sondern lediglich nicht mehr oder gar gerade in diesem Moment nur nicht (S. 32)

In einem ausführlichen ersten Kapitel legt Sascha Seiler philosophische und kulturwissenschaftliche Perspektiven auf das Verschwinden dar. Er definiert es als Übergang von der Anwesenheit zur Abwesenheit und geht deswegen aus diese beiden ebenfalls genauer ein. In den folgenden, für meine Zwecke weniger interessanten Kapiteln betrachtet er einzelne Prosatexte auf die Figur des Verschwundenen hin.

Gerald Siegmund: Abwesenheit. Eine performative Ästhetik des Tanzes

Siegmund untersucht in dieser Monographie eine Vielzahl an Tanzstücken. Interessant ist für mich seine Betrachtung von Performativität und Performance; da ja auch ich Performativität mit Abwesenheit verbinden werde müssen. Außerdem werde ich auf viele Quellen in seinem Buch zurückgreifen können, ganz besonders auf Peggy Phelan.

Privation

Üblicherweise suche ich eine erste Übersicht über solche Themen auf Wikipedia. Oft finden sich dort gute Quellen oder Fäden, denen ich nachforschen kann. Diesmal war das wenig erfolgreich; ich bin über den Begriff der Privation nur auf eine interessante Spur gekommen: Heidegger hat in seiner Aristoteles-Rezeption über Abwesenheit sehr heideggerige Dinge geschrieben.1

Todos

Der Elephant im Raum

Sowohl an Seiler, als auch an Niklaus Müller-Schölls Beitrag in Lenger/Tholens Sammelband “Mnema” zu Derrida merke ich, dass ich mich wohl noch intensiver mit Derridas Konzeption der Spur beschäftigen sollte. Interessanterweise schlägt Müller-Schölls Text den Bogen von Derrida zu einem “Theater des Denkens”(S. 189), was sich vielleicht sogar mit künstlerischer Forschung im Theater verbinden lässt. Wahrscheinlich werde ich ausgewählte Stellen in der Grammatologie ansehen.

Weiteres

Monika Schmitz-Emans’ Monographie “Schrift und Abwesenheit” wird von verschiedenen Texten zitiert; eventuell ist das auch ein guter Einstieg zu Derrida. Darüber hinaus werde ich Seiler und Siegmund noch einmal nach Literaturhinweisen durchgehen und exzerpieren.

Photo-Ausstellung

Auf Mastodon habe ich nach Photos, die Abwesenheit darstellen, gefragt. Es sind bereits einige zusammengekommen, und ich möchte sie auf einer Webseite sammeln, zusammen mit einigen fragmenthaften Überlegungen.


  1. Eigentlich möchte ich Heidegger aus dem Weg gehen. Erstens ist seine Sprache schwer zugänglich – auch wenn ich seine Un-Getüme eigentlich sehr mag; diese Art der Arbeit mit der Sprache finde ich interessant. Der Satzbau außenrum könnte aber einfacher sein. Zweitens war er ein Nazi. Man könnte einwenden, dass das seine Philosophie nicht weniger wahr macht und dass es falsch wäre, ihn deswegen zu ignorieren, sich sozusagen ins eigene Fleisch zu schneiden. Ich bin der Meinung, dass er noch nicht lange genug tot ist dafür. Es ist auch nicht so, dass ich, anstatt Heidegger zu rezipieren, auf meinen Händen sitze – ich rezipiere andere Autor*innen. Dass Leute für unsere Kultur wichtig sind, liegt nicht unbedingt daran, dass sie die Wahrheit gesehen haben, sondern dass sie viel rezipiert wurden. Heidegger ist wahnsinnig wichtig, weil er viel rezipiert wurde und dadurch viel unser Denken beeinflussen kann. Rezipieren wir andere Autor*innen, werden andere Autor*innen wichtig. ↩︎